Unternehmensbesuche
Immer mehr Unternehmen investieren in die Gesundheit ihrer Mitarbeiter, oft sind es jedoch Einzelmaßnahmen. Aus diesem Grund war die Initiative Diabetes@Work am 03. Juli 2019 bei dem Spezialchemieunternehmen Evonik am Standort Hanau, um der Frage nachzugehen, wie ein ganzheitliches BGM-Konzept aussehen und funktionieren kann. Die Bundestagsabgeordnete Bettina Müller (SPD) begleitete den Besuch. In ihrer Funktion als Mitglied im Ausschuss für Gesundheit ist ihr die Gesundheitsförderung und Prävention chronischer Krankheiten wie Diabetes in der Lebenswelt Arbeit ein besonderes Anliegen. Für die Initiative nahmen Volker Weber (IG BCE Hessen-Thüringen), Martin Lochner und Manfred Richter (beide BKK Viactiv) sowie Dr. Stefanie Beck (Lilly Deutschland) teil.
Zu Beginn stellte Kerstin Oberhaus, Standortleiterin von Evonik in Hanau, den Industriepark Wolfgang vor. An dem innovativen Hightech-Standort haben sich neben Evonik noch weitere Firmen aus den Bereichen Materialtechnologie, Spezialchemie, Bio-und Nanotechnologie sowie Pharma angesiedelt. Für Evonik arbeiten im Industriepark Wolfgang rund 5.300 Arbeitnehmer, davon etwa 300 Auszubildende. Vor Ort liegt ein besonderer Fokus auf Forschung und Entwicklung sowie der Herstellung von Vorprodukten für Arzneimittel, Chemiekatalysatoren und Acrylate. Frau Oberhaus betonte bei ihrer Einführung, dass gerade Nachhaltigkeitsaspekte die Aktivitäten von Evonik bestimmen. Neben Innovationen in der Produktion bedeute dies in erster Linie auch Investitionen in die Gesundheit der Belegschaft. „Unsere Mitarbeiter sind das Herzstück unseres Unternehmens. Daher setzen wir uns in besonderem Maße für ihre Gesundheit ein“, so Oberhaus.
Bei dem Rundgang über das Firmengelände konnten sich die Teilnehmer ein Bild von dem ganzheitlichen Gesundheitskonzept bei Evonik machen. In der Betriebskantine wurde deutlich, welchen entscheidenden Beitrag Arbeitgeber zu einem gesunden Lebensstil der Mitarbeiter leisten können, indem sie die Menü-Auswahl auf besonders nahrhafte und frische Angebote ausrichten. „Wir merken, welchen wichtigen Stellenwert mittlerweile eine ausgewogene Ernährung für viele Kollegen hat“, betonte Oberhaus. Auch aus Unternehmenssicht lohne sich die Bereitstellung gesunder Kantinenangebote, da diese zunächst das Wohlbefinden der Belegschaft steigern würden und auf lange Sicht ein Grundstein für die Prävention von chronischen Erkrankungen wie Diabetes Typ-2 seien.
Als Nächstes schauten die Teilnehmer hinter die Kulissen des betriebsärztlichen Dienstes. Die Erkennung und Behandlung von tätigkeitsspezifischen Gesundheitsgefährdungen ist für Evonik, als führendes Chemieunternehmen, von hoher Bedeutung. Daher hält das Unternehmen eigenes medizinisches Personal vor, um im Ernstfall schnelle und qualifizierte Erstversorgung leisten zu können. Die Leiterin des Werksärztlichen Dienstes, Frau Dr. Haas-Brähler, hob hervor, dass eine schnelle und gut funktionierende Rettungskette essenziell sei, um schwerwiegende Krankheitsverläufe und bleibende Folgen möglichst zu verhindern.
Als Höhepunkt des Besuchs stellte Evonik das erst im letzten Jahr entstandene Gesundheitszentrum im Wellcom vor. Hier wird eine ganzheitliche Gesundheitsförderung unten einem Dach angeboten. Zum einen können die Mitarbeiter umfassende Angebote in den Bereichen Fitness-Training und Physiotherapie wahrnehmen. Darüber hinaus werden in dem Zentrum noch weitere Aspekte der betrieblichen Gesundheitsförderung zusammengeführt, von umfassenden Präventionskursen bis hin zu professionellen Coachings und Seminaren zu Themen wie Burn-out oder Stressbewältigung. Auch arbeiten die Verantwortlichen hier gezielt mit den Mitarbeitern bei Rehabilitations-und Wiedereingliederungsprozessen zusammen. Bettina Müller zeigte sich sichtlich beeindruckt von den Angeboten, die vor Ort zu Verfügung stehen. „Solche Vorzeigeprojekte wie bei Evonik verdeutlichen, was an betrieblicher Gesundheitsförderung alles möglich ist. Als Politik müssen wir uns die Frage stellen, wie wir auch kleine und mittelständische Unternehmen dazu befähigen, den guten Beispielen wie hier vor Ort folgen zu können“, so die Bundestagsabgeordnete.
Diese Fragestellung nahmen die Teilnehmer mit in die anschließende Diskussionsrunde. Eine wichtige Grundlage für eine erfolgreiche Einführung von betrieblicher Gesundheitsvorsorge seien die Mitbestimmungsmöglichkeiten der Belegschaft, erklärte Volker Weber. Beispielsweise habe die IG BCE hierfür explizit einen Tarifvertrag abgeschlossen, bei dem teilhabeorientierte und bedarfsgerechte Lösungen im Vordergrund stünden. Dem pflichtete Manfred Richter (BKK Viactiv) bei und ergänzte, dass vor allem kleine und mittelständische Unternehmen von mehr Aufklärung über Fördermöglichkeiten profitieren könnten. Um von guten Beispielen, wie bei Evonik lernen zu können, müsse auch der regionale Austausch zwischen Unternehmen verschiedenster Größe und auch zwischen anderen Akteuren wie Krankenkassen verbessert werden.
Mit Blick auf die politische Debatte rund um die Digitalisierung machte sich Frau Dr. Beck für die Nutzung digitaler Gesundheitsangebote stark. „Der Transfer innovativer digitaler Lösungen in die Versorgung bietet auch enorme Potentiale in der Arbeitswelt. So können die Vernetzung und die Einbindung der Mitarbeiter deutlich erleichtert werden“, legte Dr. Beck dar.
Am Schluss kamen die Vertreter der Initiative noch auf die weiterhin ausstehende Nationale Diabetes Strategie zu sprechen. „Die Politik muss nun endlich gute Rahmenbedingungen setzen, damit Menschen mit Diabetes ihren täglichen betrieblichen Alltag bewältigen können. Daher ist es wichtig, dass die im Koalitionsvertrag angekündigte Nationale Diabetes Strategie auch betriebliche Gesundheitsförderung mit einbezieht“, stellte Volker Weber klar. Die Bundestagsabgeordnete teilte diese Auffassung. Im Sinne des Patientenwohls sei es wichtig, dass die Nationale Diabetes Strategie die Lebenswelt Arbeitsplatz berücksichtigt.
Sitzen, Stehen, Heben, Stress – bei dem führenden Heimtierzubehöranbieter Trixie aus Tarp in Schleswig-Holstein wird das Arbeitsumfeld der Mitarbeiter genau unter die Lupe genommen, mit dem Ziel, die Gesundheit der Mitarbeiter optimal zu fördern. Aus diesem Grund besuchte die Initiative Diabetes@Work gemeinsam mit der Bundestagsabgeordneten und gesundheitspolitischen Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion das Unternehmen am 07.Februar 2019 im hohen Norden, um sich über optimale betriebliche Gesundheitsangebote und den Umgang mit Diabetes am Arbeitspatz auszutauschen.
Bereits 2014 wurde bei Trixie ein umfangreiches betriebliches Gesundheitsmanagement eingeführt und eine Reihe an Maßnahmen in den Bereichen Ernährung, Bewegung, Entspannung, Führung und Arbeitsplatzumgebung umgesetzt. Im Rahmen einer Betriebsbesichtigung und anschließenden Diskussionsrunde verschaffte Monika Hutter, BGM-Beauftragte bei Trixie, den Vertretern von Diabetes@Work und der Bundestagsabgeordneten interessante Einblicke in die vielfältigen Gesundheitsangebote. „Wir bieten unterschiedlichste Angebote an, um möglichst viele Mitarbeiter zu erreichen und für Gesundheitsthemen zu sensibilisieren“, erklärte sie.
Für die Belegschaft bietet das Unternehmen beispielsweise unterschiedliche Fitness-Kurse an, welche die Mitarbeiter kostenlos in Anspruch nehmen können. Frau Aschenberg-Dugnus zeigte sich von diesem Engagement beeindruckt: „Ich bin begeistert, was Trixie hier für die Mitarbeiter leistet. Wir müssen erreichen, dass sich noch viel mehr Betriebe an solchen guten Beispielen orientieren. Dazu müssen wir allerdings auch von Seiten der Politik finanzielle Anreize setzen“, stellte die Bundestagsabgeordnete klar.
Die guten Beispiele zur betrieblichen Gesundheitsförderung nahmen die Teilnehmer aus dem Rundgang mit in die anschließende Diskussionsrunde. Bei dem lebhaften Gespräch legte Dr. Stefanie Beck von Lilly Deutschland und Partner von Diabetes@Work die Bedeutung von Präventionsmaßnahmen am Arbeitsplatz für chronisch erkrankte Mitarbeiter, wie Diabetiker, dar. „Bereits heute leben über 2 Million Menschen im berufsfähigen Alter mit Diabetes Typ-2. Die Zuckerkrankheit wird zu einer immer größeren Herausforderung in der Arbeitswelt.“ Diesen Punkt griff die Gesundheitspolitikerin sofort auf. Politik müsse sich öfters mit engagierten Unternehmen wie Trixie austauschen und von Leuchttürmen wie diesem erfahren, forderte Frau Aschenberg-Dugnus.
Mit Blick auf die Zukunft war es der Bundestagsabgeordneten auch ein Anliegen, über die Digitalisierung des Gesundheitswesens zu sprechen. In diesem Bereich läge Deutschland im internationalen Vergleich noch sehr weit zurück. Dabei könnten digitale Patientendaten Fachärzte, wie beispielsweise Diabetologen, dabei unterstützen, eine optimale Therapieauswahl zu treffen. Ebenso könnten betriebliche Gesundheitsprogramme durch bessere Evaluationsmöglichkeiten davon profitieren. Frau Dr. Beck und Frau Aschenberg-Dugnus waren sich einig, dass die Datensouveränität dabei stets beim Patienten liegen müsse.
Zum Abschluss kamen die Teilnehmer auf die Tragweite betrieblicher Gesundheitsförderung für die Gesundheitsversorgung zu sprechen. Insbesondere auf dem Land, wo der Fachärztemangel weiter zunimmt, warten Betroffene oft vergeblich und häufig zu lange auf Termine. Betriebliche Gesundheitsförderung könne hier einen wichtigen Beitrag leisten, (chronische) Erkrankungen vorzubeugen und somit die Kapazitätsauslastung der Ärzte zu reduzieren. Die Bundestagsabgeordnete zeigte sich engagiert, diese und weitere politische Forderungen mit nach Berlin zu nehmen und den Austausch mit Diabetes@Work fortzusetzen.
Was kann getan werden, damit Arbeitnehmer trotz einer Diabeteserkrankung ihre beruflichen Tätigkeiten weiterhin ausüben können? Inwiefern berücksichtigen Betriebe bereits dieses Thema? Und was sind gute Voraussetzungen für die Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz? Diese und weitere Fragen standen am 5. September 2018 im Mittelpunkt des Besuchs der Initiative Diabetes@Work bei dem Markt-und Technologiespezialist für Dichtungstechnik Freudenberg Sealing Technologies in Schwalmstadt in Hessen. Die Firma beschäftigt rund 14.000 Mitarbeiter und ist ein international bedeutender Zulieferer der Automobilindustrie, zivilen Luftfahrtindustrie, Maschinen-und Schiffbauindustrie sowie Land-und Baumaschinenindustrie. Am Standort Schwalmstadt werden spezielle Dichtungen aus verschiedenen Elastomer-und Polyurethan-Werkstoffen hergestellt. Für das Unternehmen gilt die Gesunderhaltung der Belegschaft als wichtiger Grundstein für den betrieblichen Erfolg.
Bei dem Besuch wurde Diabetes@Work von einer Bundestagsabgeordneten begleitet. Vertreter der Partner der Initiative von der IG BCE Hessen-Thüringen, der BKK Freudenberg (Mitglied im BKK Dachverband) und Lilly Deutschland waren ebenfalls mit vor Ort.
Während der Begrüßung bedankte sich Stefan Kiefer, zuständig für Personal bei Freudenberg, für das Interesse von Diabetes@Work: „Unser Selbstverständnis ist es, kontinuierlich zu reflektieren, wo wir schon gut aufgestellt sind und wie wir uns noch verbessern können. Dafür schätzen wir betriebsfremde Perspektiven, wie aus der Politik und von engagierten Verbünden wie Diabetes@Work.“ Für das Unternehmen stehe nicht nur die Gesunderhaltung der Belegschaft im Vordergrund, sondern auch die (Wieder-)Eingliederung von Menschen mit körperlichen Einschränkungen. „Unsere Mitarbeiter sind unser wichtigstes Gut, Maschinen kann man reparieren“, untermauerte der Produktionsleiter Mathias Burkert. Daher sehe sich das Unternehmen verpflichtet, eine sichere und gesundheitsfördernde Arbeitsatmosphäre zu schaffen.
Bei einem Produktionsrundgang stand der Einblick in die körperlichen Belastungsschwerpunkte in der Granulatfertigung und am Walzwerk im Fokus. Die Beteiligten machten sich ein Bild davon, wie ergonomische Hilfsgeräte Mitarbeitern die körperlich schonende Ausübung ihrer Tätigkeiten ermöglichen. Einen besonderen Fokus legt Freudenberg zudem auf Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit. Die Unternehmensführung wolle, dass bei den Mitarbeitern ein risiko und gesundheitsbewusstes Verhalten in Fleisch und Blut übergehe. Dem pflichtete der Gewerkschaftsvertreter Alexander Roeske bei: „Das Arbeitsumfeld ist ein guter Ausgangspunkt, das Bewusstsein für einen gesunden Lebensstil auch im Alltag zuhause zu fördern.“
Bei einer anschließenden Diskussionsrunde wurde deutlich, welche Relevanz die Gesunderhaltung der Mitarbeiter bei der Geschäftsführung von Freudenberg hat. „Unsere Unternehmensführung hat eine Kultur etabliert, in der die Gesundheit und die Sicherheit der Belegschaft oberste Priorität hat“, erklärte Harald Steinbrecher, Qualitätsmanager bei Freudenberg. „Für uns steht fest: Wir nehmen keine Aufträge an, die für die Gesundheit unserer Mitarbeiter nicht zumutbar sind.“ Darüber hinaus versucht das Unternehmen, mit jedem Mitarbeiter individuelle Lösungen bei einer chronischen Erkrankung zu finden. Es werde niemand im Regen stehen gelassen. Vor allem müsste Mitarbeitern die Angst vor einem Arbeitsplatzverlust genommen werden, denn jeder unsichere Arbeitsplatz bedeute Stress, der sich negativ auf die Gesundheit auswirke. In diesem Zusammenhang erkundigte sich die Bundestagsabgeordnete, wie ein Arbeitsplatz für einen Arbeitnehmer mit Diabetes Typ 2 angepasst werden kann. In erster Linie sei eine offene und transparente Kommunikation ausschlaggebend, erläuterte Dr. Stefanie Beck von Lilly Deutschland. „Wenn zwischen Arbeitnehmern, Arbeitgebern, Betriebsärzten und Fachärzten ein vertrauensvoller Austausch existiert, können zum Beispiel Therapien individuell an den Arbeitsplatz angepasst werden.“
Die Bundestagsabgeordnete unterstrich die wichtige Rolle der Unternehmensführung bei der Gesunderhaltung der Belegschaft. Für eine erfolgreiche Umsetzung und Akzeptanz von betrieblicher Gesundheitsförderung sei das Verantwortungsbewusstsein in den obersten Etagen entscheidend. Sie begrüßte, dass bei Freudenberg die Gesundheit der Mitarbeiter und der Arbeitsschutz als Grundstein für den Unternehmenserfolg gesehen werde.
Gegen Ende der Diskussion war ein Vorschlag für die Verbesserung des Austauschs, die Stellung von Betriebsärzten zu stärken. Sie könnten die Risiken des jeweiligen Arbeitsplatzes einschätzen. Dabei dürfe es keine Hemmschwelle für die Mitarbeiter geben, sich dem Betriebsarzt anzuvertrauen. „Der Betriebsarzt kann als wichtiges Bindeglied zwischen der Unternehmensführung und den Mitarbeitern fungieren“, sagte Carolin Laubscher von der BKK Freudenberg. Dafür müsse auch das Vertrauen auf Seiten der Patienten gesteigert werden.
Die Digitalisierung des Gesundheitswesens beschleunigt Innovation der Diabetesprävention und -versorgung. So unterstützen beispielsweise digitale Apps Diabetiker beim Management ihrer Erkrankung, was auch die Integration in den Arbeitsalltag erleichtert.
Diese Entwicklung nahm die Initiative Diabetes@Work zum Anlass, um bei einem Podiumsgespräch mit dem Parlamentarischen Staatssekretär und örtlichen CDU-Bundestagsabgeordneten Jens Spahn am 8. September 2017 in Rheine (NRW) innovative Lösungen der Diabetesprävention und -versorgung zu diskutieren. Im gemeinsamen Austausch zeigten die Teilnehmer zudem auf, welcher politischen Unterstützung es bedarf, um digitale Angebote besser für die betriebliche Gesundheitsförderung zugänglich zu machen.
Als Vorsitzender des CDU-Bundesfachausschusses für Gesundheit und Pflege gilt Jens Spahn als versierter Experte und treibende Kraft hinter der Digitalisierung des Gesundheitswesens. Kooperierender Gastgeber des Podiumsgesprächs war das Familienunternehmen KTR Systems aus Rheine. Der Hersteller und Zulieferer von Bremssystemen und Antriebskomponenten engagiert sich stark für die Gesundheitsförderung seiner Mitarbeiter.
Was sind die nächsten politischen Schritte einer zukunftsweisenden Diabetesversorgung?
Schnell wurde deutlich, welche Aufgaben die Politik in der kommenden Legislaturperiode angehen muss, um innovative Versorgungslösungen voranzutreiben. Jens Spahn hob insbesondere die Notwendigkeit einer stärkeren Integration digitaler Anwendungen hervor: „Big Data, Apps und Telemedizin bieten für den Patienten enorme Vorteile. Im nächsten Schritt müssen Innovation noch schneller beim Patienten ankommen – da ist das System gefragt.“
Franz Knieps, Vorstand des BKK-Dachverbands und Partner von Diabetes@Work, verwies auf das Potential von Online-Sprechstunden und bemängelte Deutschlands schlechte Position im europäischen Vergleich: „Die Digitalisierung ermöglicht, dass Ärzte durch Videosprechstunden Patienten direkt am Arbeitsplatz erreichen können. In Deutschland ist die ausschließliche Fernbehandlung jedoch nicht erlaubt – das muss sich ändern. Davon würden insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen ohne eigene Betriebsärzte profitieren.“ Mit Blick auf Beratungs-und Aufklärungsangebote der Krankenkassen würde zudem die Analyse von Versichertendaten die Möglichkeit eröffnen, individualisierte und passgenaue Angebote zu unterbreiten. „Dafür muss die Politik den Versicherten in der kommenden Legislaturperiode ermöglichen, erhobene Daten den Krankenkassen zu Beratungszwecken zugänglich zu machen“, forderte Manfred Richter, Leiter Politik und Recht der VIACTIV Krankenkasse.
Ein weiterer Aspekt einer modernen Versorgung, z.B. im Bereich Diabetes, stelle die bessere Vernetzung aller an der Versorgung beteiligten Akteure dar, ergänzte Prof. Beate Kretschmer von Lilly Deutschland. Dafür bedürfe es praktikablerer Einwilligungsmöglichkeiten der Patienten für einen direkten Informationsaustausch, insbesondere zwischen den behandelnden Ärzten.
Welche Möglichkeiten haben kleine und mittlere Unternehmen, ihren Angestellten passgenaue Gesundheitsangebote zu unterbreiten?
Neben dem Aspekt Digitalisierung hat Diabetes@Work in den vergangenen Jahren die gesamte Spannbreite des Themas „chronische Erkrankungen am Arbeitsplatz“ adressiert. Dafür sammelt die Initiative seit 2014 bei Unternehmen vor Ort Best Practice-Beispiele der Prävention und des Umgangs mit chronischen Erkrankungen, wie Diabetes. „Der großen gesellschaftlichen Zunahme des Diabetes müssen wir dort begegnen, wo man die meisten Menschen erreichen kann, nämlich am Arbeitsplatz“, erläuterte Dr. Gerd Kräh von Lilly Deutschland und Partner von Diabetes@Work die Initiative. KTR Systems sei ein Paradebeispiel dafür, dass auch mittelständische Unternehmen sich mit gezielten Maßnahmen für die Gesundheit der Mitarbeiter einsetzen können.
„Gesundheitsförderung ist bei uns Teil der Unternehmenskultur. Wir zeigen Verantwortung für unsere Mitarbeiter und wollen in Anbetracht des Fachkräftemangels, dass diese möglichst lange gesund im Unternehmen bleiben“, erläuterte Personalleiter Holger Klinge das Engagement von KTR Systems. „Als mittelständisches Unternehmen profitieren unsere Mitarbeiter von individuellen Absprachen und schnellen Entscheidungsfindungen. Dadurch ermöglichen wir, gemeinsam mit unseren Angestellten maßgeschneiderte Gesundheitsmaßnahmen zu entwickeln.“ Die gesundheitsfördernden Angebote des Unternehmens umfassen unter anderem eine ergonomische Arbeitsplatzgestaltung, z.B. durch Hebehilfen, regelmäßige Gesundheitschecks durch Betriebsärzte, Physiotherapie sowie Kooperationen mit dem örtlichen Sportsverein.
Einigkeit herrschte bei allen Beteiligten darüber, dass das Thema Diabetes ganz oben auf die gesundheitspolitische Agenda der neuen Regierung gehört. Dabei müssten die Potentiale digitaler Lösungen ebenso berücksichtigt werden wie die Förderung herkömmlicher Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung. Um die Versorgung, die Prävention und den Umgang mit Diabetes sowohl am Arbeitsplatz als auch gesamtgesellschaftlich entscheidend zu verbessern, sollte eine umfassende nationale Diabetesstrategie im neuen Koalitionsvertrag verankert werden.
Wie sollten Kantinenmenüs gestaltet sein, um zu einer besseren Ernährung am Arbeitsplatz beizutragen? Und wie kann die Politik Unternehmen und öffentliche Einrichtungen dabei unterstützen, gesunde Mahlzeiten anzubieten? Die Initiative Diabetes@Work besuchte am 8. Juni 2017 die Eurest Deutschland GmbH in der Firmenzentrale in Eschborn, um diesen und weiteren Fragen nachzugehen. Der größte Kantinenbetreiber Deutschlands unterhält rund 850 Kantinen und bewirtet dabei in Spitzenzeiten bis zu 200.000 Gäste täglich. Die Tochtergesellschaft der Compass Group, eines der weltweit führenden Dienstleistungsunternehmen im Bereich Food-und Support Services, zeichnet sich durch Expertise bei der Entwicklung gesunder Kantinenkonzepte aus.
Die örtliche Bundestagsabgeordnete Kordula Schulz-Asche begleitete den Besuch. Der Sprecherin für Prävention und Gesundheitswirtschaft der Bündnis90/Die Grünen-Bundestagsfraktion ist eine gesunde Ernährung am Arbeitsplatz ein besonderes Anliegen, da diese eine wichtige Rolle bei der betrieblichen Gesundheitsförderung und der Prävention chronischer Erkrankungen wie dem Diabetes spielt.
Die Initiative wurde vertreten durch Prof. Dr. Beate Kretschmer und Dr. Anne Röhrig von Lilly Deutschland sowie von Christine Habedank und Alexander Wiesbach von der IG BCE Bezirk Rhein-Main, die die Arbeitnehmerperspektive in die Diskussion vor Ort einbrachten.
Jürgen Thamm, Vorsitzender der Geschäftsführung der Compass Group Deutschland, hob bei der Vorstellung der Unternehmensgruppe den Unterschied zwischen professionellen Cateringanbietern wie Eurest und traditionellen Werkskantinen hervor: „Wir fördern die gesunde Ernährung in den von Eurest betriebenen Kantinen durch ein vielfältiges und ausgewogenes Menüangebot. Unsere Gäste profitieren von unseren Kapazitäten, die uns als professioneller Cateringanbieter für die Konzeption von gesunden Kantinenmenüs zu Verfügung stehen.“
Ein Rundgang durch die betriebseigene Kantine am Standort Eschborn verdeutlichte den Teilnehmern die Vielfalt und Ausgewogenheit des Angebots. André Schellenberg, Leiter Menümanagement bei der Compass Group, erläuterte, wie sich das Unternehmen für einen gesunden Lebensstil während der Arbeitszeit einsetzt. „Gesunde Ernährung gehört einfach zum Arbeitsplatz dazu: Sie ist wichtig für mehr Motivation und höhere Produktivität. Dafür entwickeln wir eigene gesunde Kantinenmenüs“. Besonders durchgesetzt habe sich das Food-Konzept vitalien-balance. Brigitte Mestel, Ernährungswissenschaftlerin bei der Compass Group, erklärte: „Unsere Vitalien-Menüs zeichnen sich durch kalorienreduzierte und eine nährstoffschonende Zubereitung aus, oft sind sie vegetarisch oder vegan. Wir entwickeln die Rezepte gemeinsam mit Ernährungs-und Fitnessexperten von der Zeitschrift Fit for Fun sowie Ökotrophologen, basierend auf den neuesten ernährungsphysiologischen Erkenntnissen und Nährstoffempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung.“ Die Vitalien-Menüs zählen laut Eurest zu den beliebtesten Angeboten in den Betriebsrestaurants. Ein hausinternes Ausbildungsprogramm für Betriebskantinenleiter führt dazu, dass das Personal den Grundgedanken der Vitalien-Linie an die Gäste weiterträgt: Achtsamkeit für eine gesunde und ausgewogene Ernährung – nicht nur nach Feierabend, sondern auch am Arbeitsplatz.
Bei der Vorstellung der gesunden Ernährungskonzepte rückte schnell das Thema Finanzierung in den Fokus. Jürgen Thamm erklärte, dass viele Betriebe im Kundenstamm von Eurest bereit seien, gesundes Kantinenessen zu bezuschussen. Er bedauere jedoch die mangelnde Subventionierung für gesunde Mittagsmenüs in öffentlichen Einrichtungen, etwa in Kitas und Schulen. Frau Schulz-Asche stimmte ihm zu, verwies allerdings auf die Kompetenz der Länder und Kommunen in diesen Bereichen.
Ein weiteres Kernthema der Gesprächsrunde war die Frage, wie Gesundheits-und Ernährungsbewusstsein in den unterschiedlichen Lebenswelten bestmöglich gefördert werden kann. Frau Schulz-Asche lag besonders die frühkindliche Aufklärung am Herzen: „Gesundheitskompetenz kann nicht früh genug in den Alltag der Kinder integriert werden. Die Themen Gesundheit und Ernährung müssen daher selbstverständlich im Kindergarten und in der Schule verankert werden“. Die Grünen setzten hierfür auf einen ganzheitlichen Ansatz unter Einbezug der Familie. „Anstelle eines Schulfachs Gesundheit/Ernährung fordern wir, das Wissen, die Kompetenzen und die Gelegenheiten für gesundes Leben in unterschiedlichen Schulfächern und im Schulalltag anzusprechen und auch für das Lehrpersonal zu fördern“, so Schulz-Asche.
Der Austausch mit dem Kantinenbetreiber Eurest hat gezeigt, dass die Sensibilisierung für gesunde Ernährung ein wesentlicher Bestandteil der Gesundheitsförderung ist. Kantinenbetreiber wie Eurest können in verschiedenen Lebenswelten dazu beitragen, das Bewusstsein für gesunde Ernährung zu stärken. Bei einer Anzahl von über 6,5 Millionen Menschen mit diagnostiziertem Diabetes Typ 2 in Deutschland, darunter mehr als 2 Millionen im berufsfähigen Alter, gibt es dennoch dringenden Handlungsbedarf. Alle Beteiligten des Diabetes@Work-Unternehmensbesuchs waren sich einig, dass die Politik in manchen Bereichen der Prävention und Gesundheitsförderung in der nächsten Legislaturperiode nachjustieren muss.
Wie setzt sich einer der weltweit führenden Hersteller für Medizintechnik für die Gesunderhaltung seiner Mitarbeiter ein? Die Initiative Diabetes@Work war am 4. Mai 2017 zu Gast bei Siemens Healthineers am Standort Forchheim, um dieser Frage nachzugehen und zu diskutieren, wie Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz politisch unterstützt werden kann.
Mit vor Ort waren die örtlichen SPD-Bundestagsabgeordneten Martina Stamm-Fibich, Mitglied im Ausschuss für Gesundheit, und Andreas Schwarz, Mitglied im Finanzausschuss.
Begleitet wurde der Unternehmensbesuch zudem von Dr. Ralf Franke, Leiter Environmental Protection, Health Management and Safety bei der Siemens AG, sowie von Dr. Hans Unterhuber, Vorstand der Siemens-Betriebskrankenkasse. Die Initiative Diabetes@Work wurde von Dr. Gerd Kräh und Dr. Anne Röhrig von Lilly Deutschland vertreten. „Der Besuch heute ist eine gute Gelegenheit, an den vorherigen Austausch bei der Siemens AG in München anzuknüpfen“, dankte Dr. Gerd Kräh den Gastgebern von Siemens Healthineers. Bei Siemens in München hatten einige der Teilnehmer im Rahmen einer Dialogveranstaltung der Initiative im März 2016 das Thema Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz schon einmal diskutiert.
Bei Siemens Healthineers nimmt die Gesunderhaltung der Mitarbeiter einen hohen Stellenwert ein. „Gesundheitsangebote werden von unseren Arbeitnehmern immer stärker nachgefragt. Auch für Bewerber werden gesundheitsfördernde Leistungen zunehmend zum ausschlaggebenden Entscheidungskriterium“, erklärte Dr. Freimut Schröder, Vice President Environment, Health and Safety bei Siemens Healthineers. Deshalb werde bei der Standortgestaltung mittlerweile besonders auf die Verfügbarkeit betriebsnaher Angebote geachtet, wie z.B. Gesundheitsstudios für Workouts, Wellness und Entspannung.
„Unser Ziel ist es, möglichst viele Mitarbeiter zu motivieren, sich langfristig für die eigene Gesundheit einzusetzen“, betonte Dr. Andreas Hufnagel, leitender Betriebsarzt bei Siemens Healthineers. Dafür erstellt das betriebsärztliche Personal im persönlichen Gespräch mit den Mitarbeitern bedarfsorientierte Gesundheitsangebote. Diese reichen von Aufklärungsmaßnahmen, über das Sammeln von Aktiv- Minuten in gemeinsamen Sportgruppen bis hin zu mehrwöchigen Gesundheitsseminaren. Ein integraler Bestandteil des Gesundheitsmanagements bei Siemens Healthineers ist außerdem die Evaluierung der vielen Gesundheitsangebote. „Damit unsere Angebote angenommen werden, müssen wir diese mit unseren Mitarbeitern abstimmen“, erläuterte Dr. Hufnagel. Dafür finden regelmäßige Feedbackrunden mit Mitarbeitern und Führungskräften statt, in denen die Wirksamkeit von Präventions-und Gesundheitsleistungen diskutiert und ausgewertet wird.
Die Gesundheitspolitikerin Martina Stamm-Fibich nahm die Vorstellung des Gesundheitskonzepts von Siemens Healthineers zum Anlass, das Potential der betriebsärztlichen Versorgung hervorzuheben: „Ein wichtiger Punkt ist für mich, dass die therapeutischen Kompetenzen von Betriebsärzten besser ausgeschöpft werden.“ Dr. Hans Unterhuber pflichtete dem bei: „Es wäre wünschenswert, Betriebsärzte erhielten mehr Befugnisse im Bereich Diagnose und Verschreibung.“ Dies ermögliche Mitarbeitern einen einfacheren Zugang zu Präventions-und Therapiemaßnahmen.
Die Teilnehmer teilten die Ansicht, dass der Setting-Ansatz des Präventionsgesetzes ein wichtiger Schritt zu einer besseren Prävention von Erkrankungen, wie z.B. Diabetes, in der Arbeitswelt sei. Dr. Franke von der Siemens AG machte gleichzeitig deutlich, dass die derzeitige Gestaltung der Steuerpolitik für Unternehmen eine Hürde darstellt: „Die Besteuerung betrieblicher Gesundheitsleistungen widerspricht der Zielsetzung des Präventionsgesetzes. Vielmehr sollte die Steuerpolitik den Unternehmen Anreize setzen, sich aktiv für die Gesunderhaltung ihrer Mitarbeiter einzusetzen.“ Die Bundestagsabgeordneten erklärten, diesen Punkt gerne „mit nach Berlin“ zu nehmen.
Bei einer abschließenden Führung durch das „Experience Center“, den neuen Showroom von Siemens Healthineers am Standort Forchheim, zeigte sich das Unternehmen als Vorreiter im Bereich der medizinischen Bildgebungsverfahren. Die Vorstellung neuster Entwicklungen war für alle Beteiligten ein besonderes Erlebnis.
Wie setzen sich Unternehmen für die Gesunderhaltung ihrer Mitarbeiter ein und welche Unterstützung benötigen sie dafür von der Politik? Diese Frage steht im Mittelpunkt der diesjährigen Unternehmensbesuche der Initiative Diabetes@Work. Nach dem Auftakt bei einem Mittelständler im Raum Paderborn im Februar war die Initiative am 14. März 2017 zu Gast bei dem Technologiekonzern Heraeus Holding GmbH in Hanau. Das Unternehmen ist mit rund 12.500 Mitarbeitern eines der größten Familienunternehmen Deutschlands. Heraeus bietet ein breites Portfolio von Technologiekomponenten bis hin zu abgestimmten Materialsystemen an. Ein Schwerpunkt liegt in der industriellen Verarbeitung von Edelmetallen. Diese werden in zahlreichen Branchen eingesetzt, u.a. in der Automobil-, Elektronik-und Chemieindustrie.
Die örtliche Bundestagsabgeordnete Dr. Katja Leikert begleitete die Initiative. Als Mitglied des Gesundheitsausschusses ist der CDU-Politikerin die Prävention und frühzeitige Diagnostik chronischer Erkrankungen ein zentrales Anliegen. Die Initiative wurde vertreten durch Thomas Schaaf von der R+V Betriebskrankenkasse, Mitglied im BKK Dachverband, und Dr. Gerd Kräh von Lilly Deutschland.
Nach der offiziellen Begrüßung durch Jan Rinnert, Vorsitzender der Geschäftsführung von Heraeus, besichtigten die Teilnehmer die Edelmetallschmelze, bei der die intensiven Arbeitsbedingungen in der Edelmetallverarbeitung deutlich wurden. Vertreter von Heraeus, darunter Michael Werth, Head of Operational Excellence, und Dr. Hendrik Mertens, leitender Betriebsarzt, erläuterten die individuellen körperlichen Belastungsschwerpunkte: „In unserer Edelmetallschmelze werden viele Prozesse noch manuell durchgeführt. Das ist eine anspruchsvolle körperliche Arbeit für unsere Beschäftigten. Wir legen daher einen großen Wert auf ein gesundheitsgerechtes Arbeitsumfeld.“
Wie konkret sich Heraeus für die Erhaltung der Leistungsfähigkeit seiner Mitarbeiter einsetzt, wurde in einer anschließenden Diskussionsrunde deutlich. Ein Vortrag über das betriebliche Gesundheitsmanagement der Firma zeigte eindrucksvoll, dass Heraeus eine und leistungs-und gesundheitsfördernde Unternehmenskultur pflegt. „Führung spielt eine zentrale Rolle für eine erfolgreiche betriebliche Gesundheitsförderung“, appellierte Dr. Mertens. „Wir bilden unsere Führungskräfte speziell weiter, sodass sie neben der Leistungsförderung ihrer Mitarbeiter stets auch individuelle Gesundheitsaspekte berücksichtigen.“
Darüber hinaus bietet die Firma Präventions-und Gesundheitsangebote für die Belegschaft an. Im Rahmen von regelmäßigen Präventionstagen haben alle Beschäftigten die Möglichkeit, einen umfassenden und kostenlosen Gesundheitscheck durchzuführen. Auf Basis der erhobenen Werte, z.B. Blutzuckerspiegel und Cholesterin, können sie sich zu ihren gesundheitlichen Risiken vom Betriebsarzt direkt vor Ort beraten lassen. Eine regelmäßige Teilnahme am so genannten Gesundheitspass ermöglicht die Entwicklung wichtiger Gesundheitswerte zur Früherkennung und Vorbeugung von Erkrankungen im Auge zu behalten.
Die Vorstellung des Gesundheitspasses regte eine Diskussion über die Ausschöpfung von diagnostischen und therapeutischen Kompetenzen von Betriebsärzten an. Frau Dr. Leikert, die Vertreter von Diabetes@Work sowie von Heraeus teilten die Ansicht, dass Betriebsärzte einen großen Beitrag zur Therapie und Diagnostik leisten können – zum Vorteil von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Durch diagnostische und therapeutische Begleitung direkt am Arbeitsplatz könne frühzeitig interveniert und somit Fehlzeiten vorgebeugt werden, erklärte Betriebsarzt Dr. Mertens.
Frau Dr. Leikert erkundigte sich zudem nach der Umsetzung des Präventionsgesetzes in der Praxis. Sie betonte, das Präventionsgesetz könne einen zentralen Mehrwert für die Gesundheitsförderung leisten, sofern Präventionsangebote nachhaltig angelegt und auf individuelle Bedürfnisse zugeschnitten seien. Thomas Schaaf von der R+V Betriebskrankenkasse schilderte die Erfahrung der Krankenkassen: Für die Kostenträger bestehe die Herausforderung darin, geeignete Gesundheitsprojekte zu finden, die im Rahmen des Präventionsgesetzes förderungsfähig sind. Mit Blick auf die nächste Legislaturperiode waren sich die Gesprächsteilnehmer einig, dass eine baldige Evaluation des Präventionsgesetzes sinnvoll ist.
Wie engagieren sich kleine und mittlere Betriebe für die Gesundheit ihrer Mitarbeiter und wie können sie dabei von der Politik bestmöglich unterstützt werden? Diese und weitere Fragen erörterte die Initiative Diabetes@Work am 6. Februar 2017 bei der Firma REME Möbelbeschläge GmbH, einem mittelständischen Produzenten von Auszugssystemen für Schubkästen und Schiebetüren in Hövelhof. Begleitet wurde die Initiative vom örtlichen CDU-Bundestagsabgeordneten Dr. Carsten Linnemann. Als Vorsitzender der Mittelstands-und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU und Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales setzt sich Dr. Carsten Linnemann besonders für die Belange kleiner und mittlerer Unternehmen sowie die Bedürfnisse der Angestellten ein.
Für die Initiative waren Friedemann Bohlen, Betriebsarzt und Vorsitzender des VDBW Landesverbands Westfalen-Lippe sowie Dr. Gerd Kräh von Lilly Deutschland vor Ort. Bei einem Rundgang durch die Produktionsstätten zeigten Bruno Meier, Geschäftsführer von REME Möbelbeschläge sowie Andreas Wimbert, Produktionsleiter und Sarah Storck, Personalverantwortliche, die körperlichen Belastungsschwerpunkte im produzierenden Möbelgewerbe auf. Im Rahmen einer anschließenden Gesprächsrunde diskutierten die Teilnehmer die Ansätze und Herausforderungen für die Gesunderhaltung der Mitarbeiter.
Beim Unternehmensbesuch wurde deutlich: Auch mittelständische Unternehmen haben vielfältige Möglichkeiten, ihren Mitarbeitern betriebliche Gesundheitsmaßnahmen anzubieten. Für Geschäftsführer Bruno Meier hat die Gesundheit seiner rund 200 Mitarbeiter einen hohen Stellenwert. Er betonte die Wichtigkeit, seinen Angestellten einen niedrigschwelligen Zugang zur Geschäftsführung zu ermöglichen: „Meine Tür steht immer offen. Wenn gesundheitliche Probleme bestehen, muss frühzeitig darüber gesprochen werden. So lassen sich für jeden Mitarbeiter individuelle Lösungen finden.“ Bei regelmäßigen Gesundheitstagen bietet REME zusammen mit dem Betriebsarzt Vorsorgeuntersuchungen und Informationen zu Präventionsmaßnahmen an. Ziel ist es, die Angestellten zu mehr Bewegung und einem gesünderen Lebensstil zu motivieren. Dafür können sie z.B. auch Fahrräder für den persönlichen Gebrauch leihen und Anti-Rauch-Seminare belegen.
Im Gespräch mit Dr. Carsten Linnemann waren sich die Beteiligten einig, dass in den letzten Jahren wichtige politische Initiativen auf den Weg gebracht wurden, die die Rahmenbedingungen für Prävention und Kuration chronischer Erkrankungen am Arbeitsplatz verbessern. Friedemann Bohlen lobte die Zielsetzung des Präventionsgesetzes, die Gesundheitsförderung direkt in der Arbeitswelt zu stärken, bedauerte jedoch die „schleppende Umsetzung“: „Damit Betriebe Gesundheitsangebote möglichst unkompliziert anbieten können und dabei finanziell unterstützt werden, bedarf es der zügigen Einführung der im Präventionsgesetz verankerten regionalen Koordinierungsstellen der Krankenkassen.“ So könne sichergestellt werden, dass sich die Krankenkassen finanziell an betrieblichen Gesundheitsangeboten beteiligen. In der Praxis zeige sich, dass Unternehmen die Kosten noch meist alleine tragen.
Ein weiterer zentraler Diskussionspunkt, den Herr Linnemann „mit nach Berlin“ nehmen will, ist die Besteuerung gesundheitsfördernder Angebote des Arbeitgebers als geldwerter Vorteil. Bruno Meier erläuterte die Problematik: „Für betriebliche Gesundheitsmaßnahmen gibt es einen steuerfreien Betrag von 500 Euro pro Mitarbeiter jährlich. Sobald dieser Betrag überschritten ist, wird der Gesamtbetrag sozialversicherungs-und steuerpflichtig. Das hemmt die Investition in Gesundheitsangebote. Idealerweise wird der Freibetrag deutlich erhöht und nur der Betrag besteuert, der über den Freibetrag hinausgeht“.
Im gemeinschaftlichen Austausch zeigte sich der Bundestagsabgeordnete aufgeschlossen: „Ich habe heute erfahren, welchen Herausforderungen Unternehmen bei der betrieblichen Gesundheitsförderung begegnen und wo die Politik noch Unterstützung leisten kann.“
In den kommenden Monaten wird die Initiative weitere Unternehmen besuchen, um der Politik konkreten Handlungsbedarf im Bereich Gesundheitsförderung in der Arbeitswelt aufzuzeigen.
Wie setzt sich einer der weltweit führenden Hersteller für Chassis- und Fahrwerkskomponenten, Anhänger, Freizeitfahrzeuge und leichte Nutzfahrzeuge für die Gesunderhaltung seiner Mitarbeiter ein? Die Initiative Diabetes@Work war am 22. Oktober 2020 zu Gast bei AL-KO Fahrzeugtechnik am Standort Kleinkötz, um dieser Frage nachzugehen und zu diskutieren, wie Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz politisch unterstützt werden kann. Aufgrund der aktuellen Umstände verlief der Werksbesuch jedoch nicht wie üblich. Damit dieser Termin überhaupt stattfinden konnte, wurde im Vorfeld der Veranstaltung ein umfassendes Hygiene-Konzept entwickelt, sodass die Sicherheit der Teilnehmenden zu jedem Zeitpunkt sichergestellt werden konnte.
Gesprächspartner aus der Politik war der örtliche Wahlkreisabgeordnete Dr. Georg Nüßlein, der in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion als stellvertretender Vorsitzender u.a. für Gesundheit zuständig ist. Auf Seiten des Gastgebers wurde der Besuch unter anderem von Harald Hiller, President und CEO der AL-KO Vehicle Technology Group, Erwin Gentner, Managing Director der Alois Kober GmbH, Dr. Dr. Wolfgang Stolle, AL-KO-Werksarzt für den Landkreis Günzburg und Slawek Koszorz, Vice President Human Resources bei der AL-KO Vehicle Technology Group, begleitet. Die Initiative Diabetes@Work wurde vertreten von Dr. Gerd Kräh, Senior Director Government Affairs der Lilly Deutschland GmbH.
Wie konkret sich AL-KO für die Erhaltung der Leistungsfähigkeit seiner Mitarbeiter einsetzt, wurde zu Beginn der Veranstaltung deutlich. Ein Vortrag über das betriebliche Gesundheitsmanagement der Firma zeigte eindrucksvoll, dass AL-KO eine leistungs- und gesundheitsfördernde Unternehmenskultur pflegt und erkannt hat, dass die Gesunderhaltung der Belegschaft ein wichtiger Grundstein für den betrieblichen Erfolg darstellt.
Die anschließende Diskussion verdeutlichte, dass der kontinuierlichen Zunahme von Diabetes-Patienten insbesondere mit gezielten Präventions- und Aufklärungsmaßnahmen – auch im betrieblichen Umfeld – erfolgreich begegnet werden kann. Als führender Gesundheitspolitiker seiner Fraktion ist dem CSU-Politiker die Prävention und frühzeitige Diagnose chronischer Erkrankungen ein besonderes Anliegen. Angesichts der dramatischen Zunahme des Diabetes mellitus Typ 2 betonte Herr Dr. Nüßlein die Notwendigkeit zum Ausbau präventiver Maßnahmen und verwies dabei auf die Nationale Diabetes-Strategie und sein kürzlich vorgelegtes Konzept zur Prävention und Therapie bevölkerungsweiter und kostenintensiver chronischer Erkrankungen durch evidenzbasierte Naturheilkunde in Krankenhäusern und Kurorten.
Im Laufe der Diskussion wurde ebenfalls deutlich, dass das Schnittstellenmanagement zwischen den Hausärzten und Diabetologen mit den jeweiligen Betriebsärzten gestärkt werden muss. Diese Problematik hat auch die Initiative Diabetes@Work als eine der zentralen Herausforderungen auf dem Weg erkannt, die Arbeitswelt zum Ausgangspunkt für Prävention, Früherkennung und die optimale Unterstützung bei Diabetes zu machen. Vor diesem Hintergrund hat die Initiative eine Checkliste entwickelt, die behandelnde Ärzte dabei unterstützen kann, die Diabetes-Therapie an die individuellen Bedingungen des Arbeitsplatzes anzupassen und die Beschäftigungsfähigkeit des Diabetes-Patienten zu erhalten.
Die Veranstaltung zeigte eindringlich, dass die Zunahme chronischer Erkrankungen eine Herausforderung ist, der nur durch engagiertes gesamtgesellschaftliches Handeln erfolgreich begegnet werden kann. Deshalb werden die Initiative Diabetes@Work und mit ihr ihre Partner – die Industriegewerkschaft IG BCE, der BKK-Dachverband (BKK), der Verband der Betriebs- und Werksärzte (VDBW) sowie Lilly Deutschland – auch in Zukunft den gemeinsamen Dialog suchen, um die Chancen und Herausforderungen im Umgang mit chronischen Erkrankungen, speziell dem Diabetes Typ 2, aufzuzeigen.
Wie setzt sich ein weltweit führendes Portfoliounternehmen aus den Bereichen Umwelt, Elektronik, Gesundheit und industrielle Anwendungen für die Gesunderhaltung seiner Mitarbeitenden ein? Dieser Frage widmete sich die Initiative Diabetes@Work am 5. Juli 2021 bei Heraeus in Hanau. In politischer Begleitung diskutierten wir vor Ort, welche Potentiale betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) entfalten kann und wie ein zeitgemäßes Gesundheitsmanagement Aspekte wie New Work und Digitalisierung sinnvoll integrieren kann. Denn der Wandel der Arbeitswelt wirkt sich auch auf die gesundheitliche Versorgung der Mitarbeitenden aus – insbesondere seit der COVID-19 Pandemie
Seitens der Politik begleiteten Kordula Schulz-Asche, Abgeordnete des Deutschen Bundestages und ordentliches Mitglied im Ausschuss für Gesundheit, sowie der hessische Landtagsabgeordnete, Marcus Bocklet, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen und Sprecher für Gesundheitspolitik, das Gespräch. Auf Seite des Gastgebers wurde der Besuch unter anderem von Tore Prang, Executive Vice President Communications & Marketing, und Dr. Hendrik Mertens, Head of Occupational Health and Medicine, begleitet. Wohingegen die Initiative Diabetes@Work von Inken Benthien, Senior Manager Government Affairs bei Lilly Deutschland, Jörg Kluge, Gebietsleiter Süd, Mitte Süd der vivida BKK und Stefan Röder aus dem Team Gesundheitsförderung der vivida BKK vertreten wurde.
Zu Gast bei Heraeus:
v.l.n.r. Tore Prang, Stefan Röder, Dr. Hendrik Mertens, Kordula Schulz-Asche, Marcus Bocklet, Inken
Benthien, Jörg Kluge
Wie konkret sich Heraeus für die Erhaltung der Leistungsfähigkeit seiner Mitarbeiter einsetzt, wurde zu Beginn der Veranstaltung deutlich. Dr. Mertens demonstrierte in seinem Vortrag über das hausinterne modulare Gesundheitsmanagement eindrucksvoll, dass Heraeus den Wert der Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz für den einzelnen Mitarbeitenden – aber auch für das Unternehmen erkannt hat. Anhand von Daten zeigte Dr. Mertens, wie sich die Fehlzeitenquote von Mitarbeitenden durch eine engmaschige gesundheitliche Begleitung am Arbeitsplatz um ein wesentliches reduzieren lässt. Mit Blick auf die Teilnehmerquote von Mitarbeitenden an BGM-Angeboten stellte er zudem fest, dass zwar Menschen unter 36 Jahren entsprechende Angebote in den letzten Jahren zunehmend wahrgenommen haben, die Teilnahmequote der Altersgruppe von 46-55 Jährigen jedoch kontinuierlich abnimmt. Doch woran liegt das und wie kann es gelingen Prävention in Unternehmen stärker zu verankern?
Zum einen sinkt die Bereitschaft im zunehmenden Alter an gesundheitsfördernden Maßnahmen teilzunehmen, weil eine Diabeteserkrankung noch immer mit Scham verbunden ist. Aus Angst vor Stigmatisierung und Ausgrenzung lehnen Mitarbeitende entsprechende Angebote am Arbeitsplatz ab, da sie unberechtigterweise die Sorge haben, dass dem Arbeitgeber gesundheitliche Defizite mitgeteilt werden. Zum anderen finden sich Menschen, die bereits chronisch erkrankt sind, in den Versorgungsangeboten oft nicht wieder, da diese in der Regel primärpräventiv ausgerichtet sind. Erschwerend kommt hinzu, dass die Pandemie – aufgrund von Home-Office Regelungen und Schichtzeiten – die Erreichbarkeit der Mitarbeitenden zusätzlich erschwert.
Die Teilnehmenden waren sich jedoch einig, dass der Arbeitsplatz eine zentrale Rolle in der Prävention und Begleitung chronischer Erkrankungen spielt. Denn chronische Erkrankungen, wie Diabetes Typ 2, sind keine alleinige Alterserscheinung, sondern betreffen immer stärker Menschen im arbeitsfähigen Alter. Deshalb spricht sich die Initiative Diabetes@Work dafür aus, dass gesundheitsfördernde Maßnahmen unmittelbar am Arbeitsplatz und während der Arbeitszeit angeboten werden. Auf diese Weise besteht die Chance, auch diejenigen zu erreichen, die sich bisher nicht aktiv für ihre Gesundheit einsetzen. Dr. Mertens betonte, dass dies vor allem dann gelingt, wenn betriebliches Gesundheitsmanagement als Führungsaufgabe wahrgenommen wird. Denn nur wenn die Führungskraft selbst von BGM-Maßnahmen überzeugt ist, können diese ihre volle Wirkung entfalten.
Aber nicht nur Führungskräfte, auch Betriebs- und Werksärzte spielen in der gesundheitlichen Versorgung am Arbeitsplatz eine entscheidende Rolle. Der Zunahme chronischer Erkrankungen – wie dem Diabetes mellitus – kann demnach nur dann erfolgreich begegnet werden, wenn Betriebs- und Werksärzte stärker in die Versorgung eingebunden werden und Unternehmen nachhaltig darin unterstützt werden, entsprechende BGM-Maßnahmen anzubieten. Die Initiative Diabetes@Work wird auch in Zukunft auf Politik zugehen und den gemeinsamen Austausch suchen. Denn die Anzahl der Menschen mit chronischen Erkrankungen wird künftig sogar noch steigen. Bereits heute leben in Deutschland rund 7,5 Millionen Menschen mit diagnostiziertem Diabetes Typ 2. Schätzungen zufolge könnte die Zahl der Diabetesfälle bis zum Jahr 2040 sogar auf bis zu 12 Millionen ansteigen. Die Arbeitswelt zu einem Ausgangspunkt für die Prävention und Begleitung von Diabetes zu machen, ist in unseren Augen folglich eine politische und gesellschaftliche Aufgabe.
Erstmals in dieser Legislaturperiode konnte die Initiative Diabetes@Work wieder außerhalb von Berlin der Frage nachgehen: Wie setzt sich ein weltweit führendes Unternehmen im Bereich der Bahnautomatisierung für Gesundheitserhaltung und Prävention seiner Mitarbeiter:innen ein? Dafür besuchten die Partner:innen der Initiative am 25. August 2022 Siemens Mobility in Braunschweig, um zusammen mit der Politik zu diskutieren, wie in der neuen Legislaturperiode der Arbeitsplatz zum Ausgangspunkt von Gesundheitsförderung und Prävention werden kann.
Der örtliche Bundestagsabgeordnete Dr. Christos Pantazis begleitete den Besuch von politischer Seite aus. Herr Dr. Pantazis ist Mitglied des Gesundheitsausschusses, stellvertretender gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion sowie Berichterstatter für die Themen GKV-Finanzierung, Krankenhausfinanzierung und Krankenhauspersonal. Von Seiten der Gastgeber begrüßten Thorsten Sponholz (Sprecher der Betriebsleitung bei Siemens Mobility), Dr. Guido Rumpel (Head of Operations Siemens Mobility), Heiko Brockbartold (Leiter Personal Siemens Mobility) und der zuständige Betriebsmediziner vor Ort Dr. Marcus Kusche die Teilnehmenden. Die Initiative Diabetes@Work wurde durch Inken Benthien (Lead Government Affairs bei der Lilly Deutschland GmbH), Anne-Kathrin Klemm (Vorständin BKK-Dachverband), Dr. Gertrud Demmler (Vorständin Siemens-Betriebskrankenkasse) und Mark Mucke (Gebietsleiter Nord-West der Siemens-Betriebskrankenkasse) vertreten.
Zu Beginn der Veranstaltung wurde schon im Vortrag von Herrn Sponholz deutlich, wie wichtig der Erhalt der Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter:innen für das Unternehmen ist. Daher verwies man auf die niedrige Krankheitsquote, auch wenn hierbei Unternehmen durch Corona und den Wandel zu Home-Office vor deutliche Veränderungen und Schwierigkeiten gestellt werden. Um die bestehenden Möglichkeiten näher kennen zu lernen, führte Herr Dr. Kusche anschließend über den Mobility Walk auf dem Werksgelände, der im beruflichen Alltag zur körperlichen Entlastung dient und zur Bewegung anregt. Ein Konzept, das auch im Home-Office ankommt. Mitarbeiter:innen haben die Möglichkeit, unter Anleitung im Home-Office Bewegungspausen mit Kolleg:innen einzurichten und bleiben so auch am heimischen Schreibtisch fit. Dies verdeutlichte auch die Diskussion zur Ausschöpfung der großen vorhandenen betriebsmedizinischen Kompetenzen vor Ort. Durch diagnostische und therapeutische Begleitung direkt am Arbeitsplatz kann die Betriebsmedizin vor Ort den Mitarbeiter:innen als niedrigschwellige erste Anlaufstelle dienen und darüber hinaus die Möglichkeit schaffen, um frühzeitig bei Fehlentwicklungen zu intervenieren.
Danach wurde die Arbeit vor Ort besichtigt und ein Best Practice-Beispiel vorgestellt. Im Studio Active, das sich an die Werkshalle anschließt, können die Mitarbeiter:innen nicht nur die Geräte nutzen, sondern auch entsprechende Kurse belegen. Diese gesundheitsfördernden Maßnahmen wie Yoga- und Fitnesskurse werden den Mitarbeiter:innen nicht nur vor Ort angeboten, sondern auch im Verbund mit den weiteren Siemenswerken online live gestreamt. Damit wird der Arbeitsplatz unter Anleitung von geschultem Personal zum Ausgangspunkt für die tägliche Bewegung. Das ist umso wichtiger, denn auch im Unternehmen häufen sich die Fälle von Adipositas und Diabetes-Typ-2, insbesondere bei Auszubildenden.
Zum Abschluss des gemeinsamen Besuchs wurden nach einem Impulsvortrag von Herrn Dr. Kusche bestehende Hindernisse und Potentiale diskutiert. Insbesondere der gegenwärtige steuerliche Freibetrag von jährlich nur 600 Euro pro Mitarbeiter:in limitiert alle Akteure in der konsequenteren Umsetzung von betrieblichem Gesundheitsmanagement. Darüber hinaus gibt es immer wieder Unklarheiten, welche Maßnahmen in welchem Umfang steuerlich anerkannt werden. Alle Beteiligten waren sich einig, dass vor Ort im Betrieb großes Potential liegt, um Prävention in den Fokus zu rücken. Ein Aspekt, der gerade unter volkswirtschaftlicher Perspektive mit Blick auf Diabetes-Typ-2 enorme Bedeutung hat. Dafür müssen aber auch weitere Maßnahmen ergriffen werden, wie etwa eine Reform des Präventionsgesetzes oder auch eine Umsetzung der Nationalen Diabetesstrategie. Beides sind wichtige Projekte, die auch in der Diskussion aufgegriffen wurden. Auch Dr. Gertrud Demmler (Siemens-Betriebskrankenkasse) unterstrich die Problematik gerade im Hinblick auf KMU. Große Unternehmen wie Siemens könnten dank ihres Engagements viele Projekte stemmen. Doch gerade kleinere Unternehmen hätten nicht die Kapazitäten und vielfach nicht das Wissen, welche BGM-Maßnahmen sie umsetzen könnten. Daher unterstrichen nochmals alle Beteiligten ihre großen Hoffnungen für die neue Legislaturperiode.
PP-LD-DE-4522
Auch im Jahr 2023 treibt uns die Frage um, wie die Gesunderhaltung der Beschäftigten bestmöglich gelingen kann und welche Chancen im Setting Arbeitswelt für die Prävention von Diabetes-Typ-2 und Adipositas liegen. Hierfür waren wir am 20. Februar 2023 bei der Betriebsmedizin der BASF in Ludwigshafen zu Gast, um zusammen mit dem örtlichen Bundestagsabgeordneten Prof. Dr. Armin Grau (Bündnis 90/ Die Grünen) zu diskutieren.
Herr Prof. Dr. Grau, selbst vor seiner Bundestagsmitgliedschaft als Neurologe tätig und Mitglied im Gesundheitsausschuss und dort zuständiger Berichterstatter für sektorenübergreifende Versorgung sowie den stationären Sektor, begleitete den Besuch aus politischer Perspektive. Empfangen wurde die Initiative seitens der Gastgeber durch Herrn Prof. Dr. Christoph Oberlinner (Chief Medical Officer der BASF), Dr. Stefan Webendörfer (Vice President Corporate Health Management der BASF) und Sascha Bembennek (Leiter Fitness und Prävention der BASF). Die Initiative Diabetes@Work wurde durch Helena Kühnemund (Assoc. Director External Engagement bei Lilly Deutschland) und Markus Schreier (Leiter des Pronova BKK Standortes Ludwigshafen) vertreten.
Gleich zu Beginn des Austausches wurde klar, dass der Erhalt der Gesundheit der Beschäftigten im Fokus der BASF steht. Insbesondere durch die vielfältigen Herausforderungen, wie dem demografischen Wandel, einer längeren Lebensarbeitszeit und dem Fachkräftemangel bedarf es besonderer Anstrengungen die Beschäftigten möglichst lange gesund- bzw. arbeitsfähig zu erhalten. Dafür werden vor Ort vielfältige Maßnahmen angestoßen und diese auch aktiv begleitet und evaluiert. Herr Dr. Webendörfer führte in das vielfältige Angebot der Betriebsmedizin vor Ort ein. Neben der Vorhaltung gesetzlich bestimmter Untersuchungen im Sinne der Arbeitssicherheit, werden den Angestellten vor Ort alle drei Jahre Gesundheitschecks angeboten, welche neben dem subjektiven Empfinden auch Laborparameter erfassen, wie etwa den HbA1c-Wert. Basierend auf dem Check werden die Angestellten bei auffälligen Befunden an entsprechende niedergelassene Ärzte verwiesen und über Angebote des betrieblichen Gesundheitsmanagements detaillierter aufgeklärt. Mit dem LuMit – Mitarbeiterzentrum für Work-Life-Management - werden den Angestellten vor Ort vielfältige Angebote ermöglicht. Darunter ein Sportzentrum inkl. digitaler Bewegungsangebote, welche alle Beschäftigten in Anspruch nehmen können.
Eine der Besonderheiten bei der BASF stellt die aggregierte Erhebung und -auswertung der Daten aus den Gesundheitschecks dar, welche es den Beteiligten ermöglicht, Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und zu begleiten. Insbesondere die Daten zu Adipositas und Übergewicht lassen aufhorchen, denn immer mehr junge Beschäftigte weisen Übergewicht und Bewegungsmangel auf. Ähnlich herausfordernd ist die Situation bei psychischen Erkrankungen. Doch gerade hierbei zeigte die Diskussion den Mehrwert des Settings Arbeitswelt: Am Arbeitsort werden breite Bevölkerungsgruppen gleichermaßen erreicht und das ohne großen Mehraufwand für die Beschäftigten. Auch im weiteren Gespräch wurde dieser Aspekt weitergehend herausgestellt und der Mehrwert von Präventionsangeboten im beruflichen Setting betont. Alle Beteiligten waren sich einig, dass die nächsten Projekte der Bundesregierung hieran anknüpfen müssen, um eine bessere Versorgungslage und eine bessere Vernetzung aller beteiligter Akteure zu ermöglichen. Auch hierbei konnten die Gastgeber ein innovatives Konzept vorstellen: Außerhalb des Werks wird mit dem BASF-Medical Center ein Ort geschaffen, in dem neben den Betriebsärzt:innen auch externe niedergelassene Ärzt:innen tätig werden, um so den Übergang zischen betrieblicher Vorsorge und weiterführender (kassenärztlicher) Versorgung zu erleichtern. Die niedergelassenen Ärzt:innen stehen dabei selbstverständlich auch der Bevölkerung vor Ort zur Verfügung. Ein spannendes Projekt, an welches auch die Bundesregierung mit ihren nächsten Projekten wie der Novellierung des Präventionsgesetzes und den Gesundheitsregionen anknüpfen kann.
PP-LD-DE-5274
Diabetes@Work zu Gast bei Accuride International in Diez / Lahn
Welche Chancen zur Prävention von chronischen Erkrankungen stecken im Setting Arbeitswelt? Wie kann die Politik für die Herausforderungen von Arbeitnehmer:innen mit Diabetes sensibilisiert werden? Diese und weitere Fragen beschäftigen die Initiative Diabetes@Work seit der Gründung 2013. Um Best-Practice-Beispiele vor Ort zu sammeln und die Politik auf mögliche Stellschrauben hinzuweisen, war die Initiative Diabetes@Work gemeinsam mit der Bundestagsabgeordneten Dr. Tanja Machalet (SPD) und weiteren lokalen Vertreter:innen am 08. Mai 2024 bei Accuride International in Diez/Lahn.
Frau. Dr. Machalet, Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales sowie stellvertretendes Mitglied im Gesundheitsausschuss begleitete den Werksbesuch von politischer Seite. Empfangen wurde die Initiative seitens Accuride International durch Sandra Schneider (Head of Finance & HR) und Kerstin Bokler (HR-Generalist). Einblicke aus der medizinischen Perspektive lieferten Dr. Norbert Lukowski und Ursula Oebel (Arztpraxis Oebel). Als Vertreter der kommunalen Blickwinkel schloss sich Herr Jörg Denninghoff, Landrat des Rhein-Lahn Kreises dem Besuch an. Die Initiative Diabetes@Work wurde durch Helena Kühnemund (Assoc. Director External Engagement bei Lilly Deutschland) und Hans-Walter Schneider (Vorstand der BKK Pfalz) vertreten.
Zu Beginn des Besuchs stand eine spannende Führung durch das Werksgelände von Accuride International auf dem Plan. Accuride International produziert am Standort Diez / Lahn mit Hilfe von ca. 300 Mitarbeiter:innen hochwertige Schienensysteme mit einem breiten Einsatzfeld. Beim Rundgang wurden bereits mögliche Herausforderungen bei der Arbeitsplatzgestaltung und Accurides Lösungen hierfür besprochen. Anschließend fand ein anregender Austausch zu Aspekten des betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) und Unterstützungskonzepte für Mitarbeitende mit chronischen Erkrankungen statt. Der angehende Betriebsmediziner Dr. Lukowski verwies auf die vielfältigen Hürden für Betriebsmediziner:innen. So seien Maßnahmen zur Prävention besonders effektiv im Arbeitssetting, müssen jedoch, wie zum Beispiel bei der Beschaffung von Impfdosen, von Betriebsmediziner:innen in Vorleistung erbracht werden. Weiterhin stellen eine fehlende Verzahnung von Betriebsmediziner:innen mit der hausärztlichen Versorgung eine Herausforderung dar. In diesem Kontext stieß die von Diabetes@Work konzipierte fachärztliche Checkliste für eine arbeitstaugliche Diabetestherapie auf großes Interesse. Von Unternehmensseite wurde festgestellt, dass die psychischen Belastungen der Mitarbeitenden wie z.B. Stress u.a. durch Stigmatisierungen immer mehr zunähmen. Accuride International könne bereits durch Flexibilität mit vielen Situation umgehen, es würden jedoch mehr staatliche Förderangebote im Bereich BGM benötigt.
Im weiteren Verlauf des Gesprächs mit Frau Dr. Tanja Machalet waren sich die Beteiligten über die hohe Bedeutung von Primär-, Sekundär- und Tertiärpräventionsangeboten einig. Letztere können helfen, Folgeerkrankungen von chronischen Erkrankungen, wie Diabetes und Adipositas, zu verhindern. Dabei wurde auf die Notwendigkeit von niedrigschwelligen und regional verankerten Angeboten verwiesen, für die der Arbeitsplatz eine gute Plattform sein kann. Es bedürfe jedoch noch mehr Unterstützung für kleine und mittlere Unternehmen bei der Bereitstellung von BGM-Maßnahmen.
Die Veranstaltung verdeutlichte eindrucksvoll, dass der Anstieg chronischer Erkrankungen eine Herausforderung darstellt, der nur durch ein gemeinschaftliches Engagement der gesamten Gesellschaft erfolgreich begegnet werden kann. Aus diesem Grund werden die Initiative Diabetes@Work und ihre Partner – die Industriegewerkschaft IG BCE Hessen/ Thüringen, der BKK-Dachverband, der Verband der Betriebs- und Werksärzte sowie Lilly Deutschland – auch weiterhin den Dialog suchen, um die Möglichkeiten und Herausforderungen im Umgang mit chronischen Erkrankungen am Arbeitsplatz, insbesondere Typ-2-Diabetes, zu thematisieren.
PP-LD-DE-7644